Gemeindestruktur – Mut zu Reformen
In der Schweiz hat sich aufgrund ihrer historischen, geografischen und kulturellen Vielschichtigkeit ein einmalig kleinräumiges System von Gemein- und Staatswesen entwickelt. Die 26 Kantone und heute 2294 Gemeinden haben alle ihre eigenen Strukturen und handeln in einem autonomen Rahmen. Diese Strukturen stossen heute jedoch an ihre Grenzen, v.a. wenn es darum geht, die Autonomie kompetent, selbständig und finanziell unabhängig wahrzunehmen. Konsequenz dieser Entwicklung ist, dass Entscheidungen immer zentralistischer getroffen werden und früher oder später einfach beim Kanton angesiedelt werden. Der Kanton Basel-Landschaft ist mit seinen 86 Gemeinden besonders stark von dieser Problematik betroffen.
Der Baselbieter Regierungsrat hat diese schleichende Entmachtung der Gemeinden nun erkannt und will mit dem Gemeindestrukturgesetz den Gemeinden wieder jene Autonomie zurückgeben, welche für unser politisches System gut ist. Staatliche Entscheidungen sollten nämlich möglichst nahe beim Bürger getroffen werden. Es sollten dazu Strukturen geschaffen werden, welche es zulassen, die kommunalen Aufgaben wieder selber oder zumindest in Verbünden wahrzunehmen. Anzustreben ist eine Aufgabenteilung im Sinne von „Wer zahlt, befiehlt“. Die vorliegende Gesetzesvorlage ermöglicht eine Gemeindestruktur, mit welcher die Gemeinden mit der Bildung von Regionen genau diese Autonomie zurückerhalten. Die Gemeinden werden Teil einer grösseren Einheit, bleiben aber trotzdem eigenständig.
Dass sich die Gemeinden nun die Frage stellen, welche Aufgaben sie denn künftig zu übernehmen haben, ist verständlich. Doch damit diese Frage beantwortet werden kann, muss zuerst klar sein, wie sich die Regionen zusammensetzen. Je grösser und effizienter die Regionen zusammenarbeiten, desto mehr und desto komplexere Aufgaben können ihnen zugewiesen werden. Die Gemeinde Biel-Benken wird wohl nicht in der Lage sein, die komplexen Konsequenzen der Unternehmenssteuerreform III mit ihrer Steuerabteilung zu bewältigen. Eine Steuerabteilung der Region Arlesheim aber eben schon. Deshalb ist das Vorgehen der Baselbieter Regierung richtig. Sobald wir die Regionen geschaffen haben, können die Aufgaben zugewiesen werden.
Um zu verhindern, dass der Kanton eines Tages das Zepter ganz übernimmt, und die Gemeinden nur noch zu Umsetzungsinstanzen und Verwaltungseinheiten degradiert werden, müssen die Gemeinden sich nun regional koordinieren. Durch eine derartige Gebietsreform wird der Föderalismus nicht geschwächt. Im Gegenteil, durch eine sinnvolle Zusammenarbeit der Gemeinden – mittels der vorgeschlagenen Regionen – kann der Föderalismus langfristig gesichert werden. Das Gemeindestrukturgesetz bietet Hand dazu, und ich hoffe, dass die Gemeinden den Mut dazu haben diese Reformen zu unterstützen.
Elisabeth Schneider-Schneiter
Präsidentin der Vereinigung für eine Starke Region Basel/Nordwestschweiz